Unser Ortsverband Südhardt „testet“ gemeinsam mit dem
Landtagsabgeordneten Thomas Hentschel und Vertretern des ADFC die unterschiedlichen Trassenvorschläge – Viel Konfliktpotential auf der Route durch die Dörfer
Da sich die bisherigen Diskussionen zum Bau eines Radschnellweges eher auf dem Feld der grauen Theorie bewegten, luden die Grünen im Ortsverband Südhardt gemeinsam mit dem Grünen Landtagsabgeordneten Thomas Hentschel dieser Tage zur Streckeninspektion ein. Abgeradelt werden sollte zunächst von Durmersheim aus die Route „durch die Dörfer“, wie sie in einer Machbarkeitsstudie des Regionalverbands Mittlerer Oberrhein (RVMO) vorgeschlagen wird. Anschließend ging es auf einer vom
ADFC vorgeschlagenen Trasse östlich der B36 zurück zum Ausgangspunkt. Aufgrund der Covid-19-Pandemie waren maximal 20 Teilnehmer zugelassen, trotz kurzer Vorlaufzeit war diese Zahl auch sehr schnell erreicht. Mit Ralph Neininger und Moritz Dekorsy waren auch
zwei Vertreter des ADFC im Teilnehmerfeld, die unterwegs wertvolle Hinweise gaben.
Gestartet wurde am S-Bahn-Haltepunkt Durmersheim Nord (Hardtsporthalle), wo MdL Hentschel und Dekorsy zunächst einige allgemeine Informationen zum Thema Radschnellweg abgaben. So müssen Radschnellwege eine vier Meter breite Fahrbahn vorweisen, damit sie auch das Prädikat „schnell“ verdienen, so Dekorsy, sollten sie auch
möglichst ohne eine rechtwinkeligen Kurven auskommen. Wichtiger Punkt ist auch die Zahl der Radler, die bei mindestens 2.000 täglich liegen sollte – das dürfte einer der Gründe sein, weshalb der Regionalverband eine innerörtliche Route bevorzugt. Die Probleme auf einer solchen Trasse wurden aber sehr schnell sichtbar. Enge Wohnstraßen, bestückt mit geparkten Autos, laden nicht zur entspannten Fahrt ein. „Hier muss man
ständig darauf gefasst sein, dass Autos ausparken, Autotüren geöffnet werden oder Fußgänger die Straße überqueren“, berichtete Dekorsy aus eigenen Erfahrungen. Auch spielende Kinder in Wohnstraßen sind immer zu beachten. Hinzu kommen auf dem Weg zwischen Durmersheim-Nord und Rastatt knapp zwei Dutzend rechtwinkelige Kurven sowie mehrere Engstellen in den Ortslagen. Ohne Enteignung von Grundstückseigentümern sei an solchen Stellen nichts zu machen, doch genau dies würde die Akzeptanz eines Radschnellwegs massiv verschlechtern, ist sich Hentschel sicher. An mehreren Dutzend Einmündungen sind zudem Konflikte mit dem Autoverkehr
vorprogrammiert, denn auf 40 Prozent der Regionalverbandstrasse müssten sich Radund Autofahrer die Straße teilen. „Mit Schnellweg hat dies absolut nichts zu tun“, stellt der ADFC-Experte dazu fest.
Doch auch die ADFC-Route kommt nicht ohne Knackpunkte aus. Insbesondere zwischen Rastatt-Bahnhof und der Tunnelbaustelle bei Ötigheim müssten Fahrradbrücken und Unterführungen gebaut werden, was die Kosten nach oben treiben würde. Ab dem Portal
des künftigen Bahntunnels bei Ötigheim geht es dann aber in flotter Fahrt und fast gänzlich ohne Kurven zurück zum Ausgangspunkt der Tour in Durmersheim-Nord.
Lediglich beim Kieswerk Stürmlinger in Durmersheim fehlt derzeit noch ein kurzer Lückenschluss.
Die Gesamtlänge der ADFC-Strecke bis Karlsruhe wäre nicht nur rund ein Kilometer kürzer als die RVMO-Trasse, sie könnte auch deutlich schneller und sicherer befahren werden. Unter den Teilnehmern der Radtour war somit sehr schnell klar, dass die ADFCStrecke wohl die bessere Option darstellt, auch wenn sie die Ortskerne nicht tangiert. Die weitgehend kurven- und konfliktfreie Linienführung samt höherer Reisegeschwindigkeit, dürften diesen Nachteil aber mehr als kompensieren. Aus Teilnehmerkreisen wurde auch darauf verwiesen, dass die zunehmende Zahl von E-Bikes den Radverkehrsanteil weiter anwachsen lassen werden, denn die elektrische Unterstützung ermöglicht deutlich größere Reichweiten. Mit einem Radschnellweg zwischen Karlsruhe und Rastatt, der diesen Namen auch verdient, könnte demnach manche Fahrt mit dem Auto eingespart werden.
„Ich kann nachvollziehen, dass der RMVO die Strecke durch die Gemeinden legen möchte, um möglichst viele Menschen aus diesen mitzunehmen, nur ist sie aus meiner Sicht, insbesondere für Pendlerinnen und Pendler, weniger attraktiv“, zieht Thomas Hentschel Resümee. „Damit schreckt man die Radfahrerinnen und Radfahrer gegebenenfalls ab, weswegen ich mich dafür einsetze, dass beide Varianten im Planfeststellungsverfahren ernsthaft geprüft werden.“
Zwischenzeitlich wurde bekannt, dass die Bundesregierung weitere 2,3 Millionen Euro für Radschnellwege in Baden-Württemberg bewilligt hat, so dass im Land inzwischen 15 Millionen Euro an Bundesfördermitteln für die derzeit zehn projektierten Radschnellwege zur Verfügung stehen. Nachdem kürzlich für einen Radschnellweg zwischen Karlsruhe und Ettlingen bereits eine Planungsvereinbarung abgeschlossen wurde, soll nach den Sommerferien auch für den Radweg zwischen Karlsruhe und Rastatt eine solche Vereinbarung unterzeichnet werden.
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